on Tour

Tschüß Vinc…. jetzt hat er sich tatsächlich nach Australien abgeseilt!

Am 02. Oktober war der tränenreiche Abschied am Frankfurter Flughafen. Unser Sohn verlässt Deutschland und uns für voraussichtlich knapp ein Jahr und erobert “Down Under”. Natürlich geht einem da, als Mutter eine eine Menge durch den Kopf.Es ist ein Abenteuer und was für eins! Da ist man selbst schon über 41 Jahre auf dem Erdenrund und kam bisher noch nicht aus dem guten alten Europa hinaus. Der eigene Sohn wird nun als Erster diesen bahnbrechenden Schritt vollziehen. Bisher saß er nur einmal in seinem Leben im einem Flugzeug und da war er gerade mal 10 Jahre alt und verschlief fasst den kompletten Flug auf die Insel Korfu. Danach fuhr er immer nur mit dem Bus oder Auto in die Ferien, mal nach Frankreich, mal nach Kroatien und jetzt gleich bis nach Australien! Rund 22 Stunden Flug einfach und das ganz allein. Kaum das sein Gesicht hinter der Absperrung am Zoll in Frankfurt verschwunden war, da schossen mir schon die ersten Tränen in die Augen. Und dann begann das quälende Warten. Wann wird er sich melden? Klappt es mit dem Umsteigen in Dubai? Wird er wie angekündigt vom Flughafen abgeholt und in das Hostel gebracht? Dann endlich am 04.Oktober, das erste Lebenszeichen über Skype.
“Bin in Sydney, hoffe ihr kriegt die Nachricht, ist echt hart niemand versteht mich :-(”
Rums! Dieser Einzeiler hat gesessen, erleichtert und besorgt zugleich, da blutet das Mutterherz und das schlecht Gewissen fängt an mich zu plagen, denn ich habe die Idee, dass Vincent eine Auszeit innerhalb seiner Ausbildung nimmt, und für 11 Monate nach Australien geht von Anfang an unterstützt. Vielleicht waren es nur meine eigenen unerfüllten Reiseträume, die mich dazu bewogen haben, meinen 19 Jahre alten Legastheniker einfach ziehen zu lassen. Zweifellos ist er ein aufgeweckter Junge, ja klar, doch Englisch kann er nicht! Gar nicht! Wie auch?! Kämpft er doch seit Schulbeginn mit seiner eigenen Muttersprache und erst dann, welch Überrachung?! Als die Fremdsprache hinzu kam, eine Katastrophe! Aber man verdrängt es nur leider gern und schnell, wenn er mich und seinen Vater bei Diskussionen am Küchentisch an die Wand redet, wenn er charmant und eloquent Gedichte rezitiert, dann genieße ich diese Momente und bin einfach nur eine stolze Mutter. Dann sind sie alle weg, die vielen traurigen Momente, die vielen Schuljahre voller Demütigungen durch Lehrer, voller Enttäuschungen!
Der Kampf den wir führen, seit unser Sohn die erste Bekanntschaft mit der Welt der Buchstaben und der Schrift machte. Bisher konnte ich immer viel auffangen und für ihn regeln, aber dieses Abendteuer, diese Reise ans andere Ende der Welt, ist für uns alle wie ein Sprung ins eiskalte Wasser. Nur mit den Füßen drin, denk man, gar nicht so schlimm, doch nach dem Kopfsprung hat man das Gefühl von tausend Nadelstichen getroffen worden zu sein und dass es einen gleich die Haut vom Kopf zieht. Beim Auftauchen bleibt dann die Luft weg und man will nur eins, schnell hier raus! Trotzdem möchte ich daran glauben, dass es eine Chance für ihn ist. Es ist eine vage Hoffnung, dass dieses fremde Land, dieser fremde Kontinent, diese fremden Menschen, ihm das ermöglichen, was ein halbes Dutzend Lehrer in vielen Jahren Schule nicht fertig brachten, ihm zu ermöglichen Englisch zu sprechen und zu verstehen! Wir werden sehen, was passiert? Sein Rückflugticket hat er in der Tasche, doch ich hoffe und wünsche es mir für ihn, dass er es erst in 11 Monaten brauchen wird und jetzt die schönste Zeit in seinem Leben bevorsteht.
Viel Glück Vincent! :-))