ReiseberichteUnterwegs

Die postume Peepshow auf kroatischen Friedhöfen

Auf den Grabsteinen kroatischer Friedhöfe sieht man oft kleine Abbildungen der Verblichenen. Wegen der meist fehlenden UV-Beständigkeit trifft es das Wort “verblichen” dabei recht gut.

Bei mir tauchen dabei immer ein paar Fragen auf. Wer sucht zum Beispiel die Bilder für den Grabstein aus? Überlegt man sich zu Lebenszeiten, welches Bild dafür verwendet werden soll? Seltsamer Gedanke. Also, ich könnte mich nicht entscheiden. Soll man ein Jugendbild nehmen oder ein aktuelles Bild? Für letzteres müsste man aber wissen, wann es so weit ist. Leute, die sich umbringen, haben es diesbezüglich leichter. Wenigstens eine Sache, die ihnen keine Probleme bereitet. Die, die unerwartet abtreten, haben da schon mehr Ärger am Backen. Man müsste und sollte, um aktuell zu bleiben, öfters sein Wunsch-Grabbild erneuern. Eine neue Frisur bedingt ein neues Bild. Wer möchte schon auf ewig mit der alten, fiesen Friese in Erinnerung bleiben? Oder soll man es den Verwandten überlassen? Auch kein schöner Gedanke. Manch ein Bild auf dem Grabstein lässt keinen anderen Schluss zu, als dass man der nervigen Tante postum eins reinwürgen wollte.
Egal wer die Porträts aussucht, die nächste Frage ist: Welchen Gesichtsausdruck sollte man auf dem Bild haben? Aus gegebenen Anlass wäre ein ernster Blick keine schlechte Wahl, jedoch steht man dann bis in alle Ewigkeit als Miesepeter da. Dagegen würde man wahrscheinlich ein Bild, auf dem der Verstorbene herzhaft lacht, für höchst unpassend empfinden. Als ob der Dahingegangene einen an der Klatsche hatte und er sich auf den Sensenmann freute. Möchte man auch nicht. 
Eine ist sicher: durch ein Grabbild wird einem das Ableben in Kroatien schon arg vergällt.

Roland

Mein Name ist Roland und ich bin kein Reise- oder Foto-Blogger, sondern von Beruf Werbefotograf, der sehr gerne und so oft wie möglich verreist. Anfänglich mein Hobby zum Beruf gemacht, mache ich jetzt meinen Beruf zum Hobby und verbinde es mit meiner Reiselust. Am liebsten verreise ich mit der besten aller Hälften: meiner Frau Iris.

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